Da muss ich durch. Doch wie sage ich es? Das war doch nicht richtig was ich gemacht habe, oder? Mein kleines Teufelchen flüstert mir zu: „Egal, weiß doch keiner. Du immer mit deinem blöden Gewissen.“
Ich stöhne und setze mich erstmal hin und überlege. Warum? Ja die Gelegenheit war günstig und ich habe sie genutzt. Aber war es auch wirklich richtig? Mein Inneres zeigt mir den erhobenen Zeigefinger. Soll ich es aufklären? Mich der Situation stellen?
Ich schlafe noch einmal darüber. Morgen werde ich eine Entscheidung treffen, wie ich mich verhalte.
Nachts wälze ich mich in meinem Bett hin und her. Meine Gefühlswelt kämpft. Ich erwache total erschöpft. Die Nacht hat mich kein Stück weiter gebracht.
Ich habe betrogen, das lastet auf meiner Seele. Ein Klotz den ich neuerdings mit mir herumtrage.
Warum lagen die Klausur Ergebnisse nur auf dem Schreibtisch? Warum konnte ich die sogar abfotografieren? Die Verlockung war so groß. Na klar habe ich die Klausur mit sehr gut bestanden, aber war das in Ordnung? Warum fühle ich mich so schuldig, so schlecht?
Nachmittags treffe ich mich mit einer meiner besten Freundinnen und erzähle ihr von den Geschehnissen.
„Oh nein, wie konntest du nur? Warum hast du denn mir die Ergebnisse nicht gegeben? Echt egoistisch von dir? Das hätte ich niemals von dir erwartet“, sagt sie. Recht schnell beende ich unsere Zusammenkunft. „Puh, das war ja nicht hilfreich. Da war ich gar nicht drauf vorbereitet. Ich hatte mir Verständnis erhofft. Dass ich ihr die Ergebisse gebe, darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Über ihre Aussage war ich niedergeschmettert.
Mein Magen rebellierte. Ich rufe eine andere Freundin an und erzähle ihr von den Ereignissen, die mich beschäftigen. Doch außer „Ich habe jetzt eigentlich keine Zeit. Wie, du hattest die Klausurergebnisse? Dachte wir sind Freunde? Warum hast du mir die nicht gegeben?“ höre ich mir ihren Monolog an.
Ich hätte direkt meiner inneren Stimme folgen sollen. Am nächsten Tag vereinbare ich einen Termin mit meinem Vertrauenslehrer. Ich erzähle von meinem Klausurbetrug. Mein Gesicht ist komplett rot und ich schäme mich. Unerwartet nickt mir Herr Reuter verständnisvoll zu und sagt: „Denke, dass war die wichtigste Lektion in deinem Leben. Schön das du ehrlich bist und dein Gewissen dein Wächter ist. Lass es uns unter Erfahrung verbuchen.“ Er klopft mir freundschaftlich auf die Schulter und wir verabschieden uns. Ich kann es kaum glauben. Das war doch gar nicht so schwer. Ich spüre, wie die Steine sich in meinem Bauch auflösen. Ich schwöre mir, im Eiklang mit meiner inneren Stimme zu handeln.
Und die Moral von der Geschichte, Moralapostel mag ich nicht.
Vielen Dank für die Veröffentlichung auf #kkl. Ausschreibung August 2024 zum Thema: Moralisierung.
Vielen lieben Dank. Ich freue mich sehr für die Veröffentlichung.